Jahrestag der Reichspogromnacht 1938
„Ihr seid nicht schuld an dem was geschah, aber verantwortlich dafür, dass es nicht mehr geschieht.“ (Max Mannheimer, Holocaust-Überlebender)
Kommentar unserer Referentin für Inklusion und Integration im Stadtrat wie stellvertretende Ortsvereinsvorsitzende Andrea Collisi zum Jahrestag der Novemberpogrome 1938:
In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 steckten Nationalsozialisten in ganz Deutschland Synagogen, jüdische Geschäfte und Wohnungen in Brand. Jüdische Bürger wurden misshandelt, verschleppt und ermordet. Man sprach früher von der sogenannten „Reichskristallnacht“, inzwischen ist man zu dem Begriff Pogrom (aus dem Russischen abgeleitet = Verwüstung, Zerstörung) übergegangen. Schon als Jugendliche empfand ich Kristallnacht als einen viel zu verharmlosenden Namen. Erstens, weil nicht nur ein bisschen Glas zersprungen ist bei diesen verbrecherischen Taten und zweitens, weil mit dem Wort Kristall (als das allgemein besonders schöne und wertvolle Glas) wirklich nicht den passenden Ausdruck verwendet für diese Blut-Mord-Nacht!
Am Wort allein möchte ich mich nicht aufhalten, doch auch eine sprachliche Verharmlosung kann etwas darüber sagen, wie man etwas aufarbeitet. Und es zeigt sich wohl mehr und mehr, gesellschaftlich haben wir es nicht genug aufgearbeitet, im Gegenteil kommt neuer Rassismus und Antisemitismus hervor. Es gibt Filme, Bücher, immer wieder Veranstaltungen und deutschjüdischen Austausch und ja, es soll heutzutage sogar auch stärker und intensiver als früher zu unsrer Zeit im Geschichtsunterricht die Nazizeit und der Antisemitismus behandelt werden.
Trotzdem nimmt der Antisemitismus und das Verharmlosen dabei jedes Jahr zu. Ein Verharmlosen kann und darf es nicht geben angesichts von Halle, körperlichen Angriffen auf jüdische Bürgerinnen und Bürger, Hetze im Netz und so Geschmacklosigkeiten, wie dass auf Corona Demos Menschen in gestreiften Anzügen und mit Judenstern in dessen Mitte „ungeimpft“ steht, auflaufen wird. Und vor allem, dass andere Menschen daneben stehen und nichts sagen oder sogar noch lachen.
Ich habe mal in Yad Vashem in Jerusalem von einem Holocaust-Überlebenden gehört, das Schlimmste sei in dieser Nacht gewesen, die Gleichgültigkeit der Nachbarn zu erleben. Gleichgültigkeit ist immer ein gefährlicher Parameter in einer Gesellschaft.
Auch als Inklusions- und Integrationsreferentin, ist es mir ein Anliegen, dass wir uns in Königsbrunn in der Erinnerungskultur und im Kampf gegen das Vergessen engagieren. So eine Nacht wie 1938 oder Ähnliches und alles, was zuvor schon einleitend und danach geschah, darf nie wieder geschehen.